Große Urlaubs-Gaudi auf und im Wasser. Unsere Kollegin Dorothee Hartmann-Englisch berichtet über eine besondere Rafting-Tour in Tirol.
Wir sind Wassersport-Fans. Im Alltag lässt sich das nicht immer ausleben. Daher versuchen wir im Urlaub um so mehr, das Element Wasser in unsere Pläne einzubauen. Als unsere jüngste Tochter acht Jahre alt war, haben wir mit vier befreundeten Familien auf Fehmarn zusammen Surfen gelernt. 16 Personen von sechs bis 56 standen erstmals auf den Brettern. Die Kids waren fast alle Spontan-Talente. Wir Großen haben uns etwas schwerer getan. Spaß hat es allen gemacht.
Vier befreundete Familien lernen zusammen surfen auf Fehmarn
Mit dem Kanu in die Wildnis
Vergangenes Jahr ging es dann zu viert mit dem Kanu in die Wildnis von Kanada. Das Boot voll gepackt mit Zelt, Trinkwasser sowie Verpflegung für zwei Nächte und raus auf den riesigen Opeongo-See. Kein Handy-Empfang, Bären-Begegnungen nicht ausgeschlossen. Zelten auf einer kleinen Insel, Brennholz suchen, kochen auf dem Lagerfeuer, herrlicher Sonnenuntergang. Vorm Schlafengehen alles Essbare per Seil wie vorgeschrieben in den Baum hängen – wegen der Bären. Es geht alles glatt und am Ende ist ein niedliches aber gefräßiges Eichhörnchen unsere einzige Gesellschaft auf der Insel. Wir leben 48 Stunden fernab der Zivilisation und das ist phantastisch!
Zu viert im Kanu zwei Tage fernab der Zivilisation
Wellen und eiskaltes Wasser – Rafting mit extra Nevenkitzel in Tirol
Schon lange stand Wildwasser auf unserer Wunschliste. Dieses Jahr war es dann so weit. Wir haben uns für Rafting in Österreich entschieden und was soll ich sagen: Es war genial.
Quasi um die Ecke – jedenfalls mit Kanada verglichen – gibt es in Tirol einen Fluss, der sowohl für Einsteiger als auch erfahrenere Wassersport-Fans alles bereit hält, was eine gute Rafting-Tour ausmacht: die Großache. Als Grenzfluss zwischen Österreich und Deutschland besticht sie mit toller Landschaft, herrlichem Gebirgswasser und ein paar Überraschungen, die für Nervenkitzel sorgen. Auf Empfehlung haben wir uns vertrauensvoll in die Hände von Sport und Natur begeben. Andi und sein Team sorgen seit 2014 mit Humor und viel Sachverstand dafür, dass die knapp dreistündige Fahrt von Kössen nach Schleching gelingt. Und mehr als das.
Gut gerüstet rein ins Boot
Wir melden uns an einem sehr sonnigen Juli-Donnerstag im Base-Camp an, einem schönen Holzbau direkt an der Ache. Wir wählen mit der Tour 1 das Rafting ab 9 Jahren und nicht die Schlauchboot-Gaudi als Familientour ab 5 Jahren.
Es ist viel los aber es kommt weder Hektik noch Gedränge auf. Wir werden von unserem Guide Julian zur Sitzgruppe bei der "Kapelle" gebeten. Er ist einer von aktuell zwölf Tourenführern und schon in der 6. Saison dabei. Er fragt, wer schon mal raften war (aus unserer 8er Gruppe niemand), ob alle fit und gesund sind (sind wir) und erklärt uns die nächsten Schritte: Erst ziehen wir uns die Neopren-Anzüge und -Schuhe an. Badekleidung drunter, besser keine T-Shirts. Sonnenbrillen braucht man nicht, für Handys hat er ein wasserdichte kleine "Tonne" dabei. Fotogelegenheiten wird es geben. Guter Tipp: Wer sich viel im Wasser aufhalten will, nimmt am besten auch eine Neoprenjacke.
Die Ausrüstung steht bereit
Ab in die geräumige Umkleide und umziehen. Schwimmweste und Helm gibt es dann draußen und wir bekommen die allgemeine Trocken-Einweisung in unserem Boot auf der Wiese. Während wir uns danach in der Ache schon mal von sonnigen 27 auf im Fluss 15 Grad abkühlen, lässt Julian neben uns das Boot zu Wasser. Sieht kinderleicht aus. Wir verteilen uns auf die acht Plätze und los geht es. Der Fluss ist hier noch sehr breit und perfekt geeignet für die fahrtechnische Einweisung. Wir sind vier Erwachsene und vier Kinder und haben schnell raus, wie wir auf Kommando vor- oder rückwärts paddeln und dass Julians „Stopp!“ bedeutet, das Paddel waagerecht auf die Beine zu legen. Nach einer lustigen Runde Karussell-Fahren (linke Seite paddelt vor, rechte zurück und schon dreht sich das Boot im Kreis) fühlen wir uns gut vorbereitet und genießen erwartungsvoll die Weiterfahrt.
Rafting auf und sogar im Wasser
Schon bald kommt der Anfang der Schlucht in Sicht. Die Entenlochklamm. Hier zwängt sich die Großache an der schmalsten Stelle durch einen Durchlass von zehn Metern. Früher war er sogar nur eineinhalb Meter breit, wurde durch Erosion etwas größer und nach der katastrophalen Flut von 2013 per Sprengung auf eine Breite von zehn Metern erweitert. So kann in Zukunft das Hochwasser besser abfließen. Lange vor dieser schönen Stelle gehen wir schon das erste mal ins Wasser. Wir steigen am Ufer aus und Julian zeigt uns, wo wir uns in die Stromschnelle legen sollen. Auf dem Rücken treiben lassen und auf dem Bauch kraulend wieder raus. Klappt gut und macht riesig Spaß.
Entspannt treiben lassen in der Stromschnelle
Nach der Durchfahrt durch die engste Stelle der Klamm wartet dann die Überraschung auf uns, die mir und uns allen ziemliches Herzklopfen und später Freuden-Jauchzen entlockt: Klippenspringen! Das sieht man ja sonst nur in Filmen. Hier und jetzt tun wir es. Tun wir es wirklich?
Als Julian zu uns meint, „da drüben wo die Steine etwas grüner sind klettern wir hoch und springen dann vom Felsen runter in die Strömung" sehe ich weder den Weg nach oben (ist doch alles viel zu steil) noch kann ich mir vorstellen, in die Stromschnelle zu springen. „Ich geh vor" meint unser Guide noch und läuft schon ins Wasser hinein. Bisher hat er sich als umsichtig und erfahren erwiesen also siegen Vertrauen und Neugier und wir folgen ihm.
Klettern aus dem Wasser zum Absprung-Platz
Klippensprung – eine echt coole Erfahrung
Tatsächlich finden wir einen Aufstieg aus dem Wasser über ein paar Felsen und tatsächlich kommen wir ohne Probleme an einem Absprung-Platz etwa fünf Meter über dem Wasser an. Leider tost unter uns auch tatsächlich die Stomschnelle. Und da packt mich vollkommen unerwartet die Angst. Ich liebe Wasser, kann super schwimmen und bin schon vom 5-Meter-Brett gesprungen und doch ist das hier was anderes. Mein Puls rast, ich atme tief durch. Kann ich das?
Ich kann! Julian hilft, indem er von drei langsam runter zählt und bei drei springe ich in die Fluten. Kalt, kein Durchblick Unterwasser aber die Schwimmweste sorgt für Auftrieb. Plötzlich bin ich wieder oben und kann gar nicht aufhören zu grinsen. Das Gefühl nach dem Sprung kann man kaum beschreiben. Stolz, Adrenalin, Freude, totale Entspannung. Ich will direkt nochmal! Am Ende springe ich insgesamt drei mal und juble vor Begeisterung. Genau wie meine Familie. Auch die zwei aus unserer Gruppe, die zuerst vom Stein etwas tiefer gesprungen sind, trauen sich später auf den hohen und sind ebenfalls happy.
So springen die ganz Mutigen
Beschwingt setzen wir unsere Fahrt fort. Noch einmal gehen wir schwimmen, diesmal an einer Stelle, wo das Kehrwasser uns direkt wieder in die Strömung hochschiebt. Ein Natur-Karussell quasi. Sehr cool. Nach ein paar weiteren Stromschnellen ist das Ziel in Schleching erreicht. Wir tragen zusammen das Boot an Land. Julian steht schon hoch oben auf dem Hänger, der bereits mit zwei Booten beladen ist und sorgt von dort mit seinen gewohnt genauen und ruhigen Anweisungen (in diesem Fall: „Ich zähl bis drei und ihr hebt das Boot über eure Köpfe.“) dafür, dass wir zu unserer Überraschung mit Leichtigkeit das große Schlauchboot zu ihm nach oben stemmen. Zurück geht es mit Bus und Hänger durch die Klamm über die Landstraße nach Kössen. Jetzt müssen wir nur noch die Anzüge ausziehen und auswaschen sowie die Badesachen aus- und trockene Sachen anziehen.
Glücklich und begeistert
Nach drei Stunden mit viel Spaß, echtem Nervenkitzel, herrlicher Natur und gemeinsam überstandenen Abenteuern sitzen wir um kurz nach 17:00 Uhr frisch geduscht, munter und zufrieden unter einem Sonnenschirm am Base-Camp. Als ich meine Familie frage, was ihnen am besten gefallen hat, lautet die Antwort einstimmig: das Springen.
Da kommt mir die Idee, dass wir das doch noch erweitern können. Vielleicht nehmen wir uns als nächstes Urlaubsthema mal die Luft vor und machen einen Gleitschirm-Tandem-Sprung. Den gibt es ja auch bei Sport und Natur. Liebes Team: Wir kommen wieder!
Ein unvergessliches Erlebnis in und auf der Ache
Kontakt:
Sport und Natur Abenteuer GmbH, Kössen/Österreich, https://sportundnatur.com
https://www.kaiserwinkl.com/